Parc Adula

Nationalparkprojekt

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Alberto Toscano

Alberto Toscano 

Alberto Toscano lebt in Pian San Giacomo und führt seinen eigenen zertifizierten Bio-Bauernhof mit einer Fläche von 80 Hektar. Hier züchtet er Milch- und Mutterkühe (d.h. Kühe, die für die Fleischproduktion genutzt werden) und hält daneben eine Yak-Herde und einige Schafe. In Pian San Giacomo befindet sich auch seine private Käserei, in der er 70% seiner Milch zu Käse verarbeitet, während die verbleibenden 30% für die Kälberaufzucht verwendet werden. Überdies betreibt er mehrere Alpweiden, wie z. B. die Alpe di Piandoss, auf der 90 Milchkühe, ein Stier und rund sechzig Schweine weiden, und ist für die Alp Vignun und die Alp Montagna verantwortlich. Alberto Toscano ist daneben als landwirtschaftlicher Berater für die Region Mesolcina-Calanca tätig und Mitglied der Società Agricola Moesano sowie der Gruppe zur Förderung der Landschaftsqualität, Gruppo Promotore per la Qualità del Paesaggio.

 

PA. Wie schätzen Sie die Zukunft der Landwirte in der Region Parc Adula ein?


AT. Ich persönlich bin der Meinung, dass der Parc Adula vor allem grosse Chancen bietet. Der Nationalpark eröffnet Bauern und Produzenten der Region die Möglichkeit, ihre Erzeugnisse unter dem Dach dieses Naturprojekts anzubieten, wodurch sie sich sowohl innerhalb der Schweiz als auch international sichtbarer positionieren können. Die Schaffung eines Gütesiegels, also einer Marke Parc Adula, könnte zweifellos andere Märkte erschliessen, zu denen wir derzeit noch keinen Zugang haben. Aus meiner Sicht ist die Sache ganz einfach: Ein Nationalpark würde den Horizont aller erweitern.


PA. Wie betrachten Sie als Landwirt die Beweidungskonzepte, wie sie jüngst für die Kernzone ausgearbeitet wurden (also jene Region, in der der Natur per Gesetz die freie Entwicklung überlassen werden soll)?
 

AT. Grundsätzlich muss es auf der einen Seite Beweidungs­konzepte geben, auf der anderen Seite sind die Erforder­nisse der Bauern und der Bewirtschaftung der Landschaft zu berücksichtigen. Und anders herum müsste die Landwirtschaft ihrerseits eine gewisse ökologische Sensibilität zeigen. Dabei denke ich beispielsweise an die Problematik der Bodenerosion oder an die Übernutzung der Weiden. Aus dieser Erkenntnis heraus bin ich der Ansicht, dass die Beweidungskonzepte in ihrer vorgestellten Form sehr ausgewogen sind und es mit ihnen gelingt, beide beteiligten Parteien zufriedenzustellen. Bei der Lektüre kann ich feststellen, dass es keine radikalen Eingriffe in die landwirtschaftliche Bewirtschaftung geben wird, da die Besonderheiten und Anforderungen der Landwirtschaft Berücksichtigung gefunden haben.

 

PA. Welches sind Ihrer Einschätzung nach die wesentlichen Bedenken der Bauern gegen das Parc-Adula-Projekt?


AT. Ich habe festgestellt, dass viele zumindest anfänglich das Parc-Adula-Projekt mit dem Schweizerischen Nationalpark im Engadin gleichgesetzt haben. Dies hat in der Bevölkerung sicherlich einige Befürchtungen ausgelöst. Das Parc-Adula-Konzept ist damit aber nicht vergleichbar: In dem einen Fall handelt es sich um ein Naturschutzgebiet bzw. ein unberührtes Gebiet ohne jeglichen menschlichen Eingriff, in dem anderen Fall, beim Parc Adula, handelt es sich um einen Nationalpark, der in eine Kern- und eine Umgebungszone unterteilt ist. Anlässlich mehrerer Informationsveranstaltungen, die vom Verein Parc Adula organisiert wurden, konnte ich mich näher mit den Konzepten befassen und habe dadurch ein klareres Bild gewonnen. Ausserdem glaube ich, dass sich die Sorgen der Bevölkerung zumindest teilweise zerstreut haben. Ich kann nur wiederholen: Aus meiner Sicht ist das Parc-Adula-Projekt eine grosse Chance. Wichtig ist, dass die Traditionen und die autonome Bewirtschaftung des Gebiets erhalten bleiben. Soweit ich es beurteilen kann, wurde hier der richtige Weg einschlagen.

PA. Die Volksabstimmung über den Parc Adula ist für Mitte 2015 angesetzt. Welche Massnahmen müsste der Parc Adula Ihrer Meinung nach im landwirtschaftlichen Sektor ergreifen?


AT. Am wichtigsten ist es, umfassend zu informieren. Die Bauern müssen wissen, dass sie beispielsweise in der Kernzone die landwirtschaftlichen Flächen genauso weiter bewirtschaften können wie zuvor. Die Leute müssen verstehen, dass ein Nationalpark ein äusserst wirksames Marketinginstrument ist und die Landwirtschaft in der Herausbildung vieler Untersektoren unterstützen kann. Dabei denke ich an die Alpwirtschaft, die Produkte, den Direktverkauf und den Agrartourismus.

 

PA. Der Parc Adula erstreckt sich über eine sehr grosse Fläche, über 5 Regionen, von denen jede ihre eigenen Spezialitäten hat. Glauben Sie, dass man diese 5 Regionen vereinen kann, um gegenseitig voneinander zu profitieren?


AT. Die fünf Regionen liegen geografisch weit auseinander. Aus dieser Perspektive halte ich eine direkte Zusammenarbeit für extrem schwierig. Interessant sind dennoch die Möglichkeiten, sich kennen zu lernen und in Kontakt zu treten: Das Nebeneinander unter dem Dach eines Nationalparks könnte grössere Projekte entstehen lassen oder zur Schaffung einer Plattform für den Verkauf regionaler Produkte führen, um auf diese Weise das Angebot unserer Spezialitäten zu erweitern und Zugang zu einem grösseren Markt zu erhalten.

 

Parc Adula, 30 | 10 | 2013